Pflegegrad beantragen: Alles, was Sie wissen müssen

Pflegegrad beantragen: Alles, was Sie wissen müssen

In allen Lebensabschnitten, unabhängig vom Alter, kann Pflegebedürftigkeit auftreten. So kann sie plötzlich entstehen, beispielsweise durch einen Unfall oder Schlaganfall. In den meisten Fällen jedoch entwickelt sie sich schleichend. In beiden Fällen ist es notwendig, einen Antrag zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit zu stellen, um Pflegegeld und Pflegesachleistungen zu erhalten. 

Scheuen Sie sich nicht, die Hilfe einzufordern, die Ihnen als pflegebedürftige Person oder als pflegender Angehöriger zusteht. 

Wann genau Sie am besten einen Pflegegrad beantragen und worauf Sie dabei dachten müssen, verraten wir Ihnen in diesem Artikel.

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Der Antrag auf Pflegegrad wird bei der Kranken- bzw. Pflegekasse eingereicht.
  • Der Antrag kann telefonisch oder schriftlich erfolgen. 
  • Pflegegrad am besten so früh wie möglich beantragen, denn
  • ab dem Zeitpunkt der Antragstellung können Leistungen bezogen werden. 
  • Nach der Antragstellung schickt die Pflegekasse Unterlagen, ebenso wie einen Gutachter zur Feststellung des Pflegegrads. 
  • Leistungsberechtigt ist, wer innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens zwei Jahre in die Pflegekasse eingezahlt hat. 

Älteres Ehepaar füllt den Antrag auf Pflegegrad aus
Nach der Antragstellung folgt der Termin zur Pflegebegutachtung

Wer kann einen Pflegegrad beantragen?

Grundsätzlich kann jeder Mensch in Deutschland, der gesetzlich oder privat versichert ist, einen Pflegeantrag stellen. Um einen Pflegegrad zu erhalten, muss eine Person per Gesetz als pflegebedürftig gelten. In § 14 SGB XI, 11. Sozialgesetzbuch, wird genau definiert, wann eine Person als pflegebedürftig gilt. 

Nach der gesetzlichen Definition gelten Personen dann als pflegebedürftig, wenn sie gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und es daher die Hilfe von anderen bedarf. Die Dauer der Pflegebedürftigkeit muss voraussichtlich für mindestens sechs Monate bestehen. 

Zusammengefasst: Um einen Pflegegrad erfolgreich zu beantragen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: 

  • Einschränkungen der Selbstständigkeit müssen vorliegen.
  • Diese Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten müssen dazu führen, dass die betroffene Person zwingend auf Hilfe von anderen angewiesen ist. 
  • Die Einschränkungen müssen mindestens sechs Monaten anhalten. 

Anspruch auf Leistungen haben Sie, wenn Sie innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens zwei Jahre lang in die Pflegekasse eingezahlt haben. 

Den Antrag können auch Angehörige, Freunde oder Bekannte stellen. Sie müssen dann dazu bevollmächtigt werden. 

Wann sollten Sie den Pflegegrad beantragen? 

Je früher, desto besser! Sie glauben, dass sie Anspruch auf die Einstufung in einen Pflegegrad haben. Oder hat sich Ihre Situation verändert und Sie möchten eine Höherstufung beantragen? Dann empfehlen wir Ihnen, den Antrag so frühzeitig wie möglich zu stellen. Das Datum der Antragstellung ist nämlich entscheidend für den Leistungsbeginn. Das heißt, dass es Leistungen erst ab dem Monat der Antragstellung gibt. Selbst, wenn die Pflegebedürftigkeit schon früher eingetreten ist. 

Wo beantragen Sie den Pflegegrad? 

Da Sie Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen möchten, ist die Pflegekasse zuständig. Die Pflegekasse ist an Ihre Krankenkasse angeschlossen, das heißt, dass Sie einfach die Kontaktdaten Ihrer Krankenkasse verwenden können. Ihre Krankenkasse wird den Antrag an die Pflegekasse weiter leiten. 

Den Antrag zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit können Sie schriftlich oder telefonisch stellen.

Wie stellen Sie den Antrag richtig? 

Während im ersten Schritt ein formloser Antrag auf Leistungen der Pflegekasse ausreicht, muss im nächsten Schritt beim Ausfüllen des Antragsformulars einiges beachtet werden. Wir erklären Ihnen Schritt-für-Schritt, wie Sie am besten vorgehen: 

1. Schritt: Formloser Antrag

Zunächst stellen Sie einen formlosen Antrag zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit bei Ihrer Kranken- oder Pflegekasse. 

Der Antrag auf Pflegegrad kann formlos gestellt werden. Das bedeutet, dass sie einen Pflegegrad telefonisch, persönlich oder schriftlich per E-Mail oder Brief beantragen können. 

Tipp: Senden Sie den Antrag schriftlich an Ihre Kranken- oder Pflegekasse. So können Sie zu einem späteren Zeitpunkt nachweisen, wann genau Sie die Leistung beantragt haben. Warum ist das wichtig? Erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung können Leistungen bezogen werden. 

2. Schritt: Das Antragsformular Ihrer Pflegekasse

Nachdem Sie im ersten Schritt einen formlosen Antrag gestellt haben, erhalten Sie nun von Ihrer Pflegekasse ein Formular oder einen Hinweis, wo Sie dieses herunterladen können. In diesem Antragsformular müssen Sie detaillierte Angaben über die Einschränkungen machen, die vorliegen. 

Beim Ausfüllen dieses Antragsformulars gibt es einiges zu beachten. Folgende Angaben müssen Sie im Antragsformular angeben: 

  • Persönliche Daten: Name, Adresse, Kontaktdaten, Geburtsdatum, Versichertennummer
  • Art des Antrags: Handelt es sich um einen Erstantrag oder um eine Höherstufung? 
  • Leistungsarten: Welche Leistungen möchten Sie beantragen? 
  • Art der Pflege: Soll die Betreuung ambulant oder stationär erfolgen? Erfolgt die Pflege durch deinen Angehörigen oder einen Pflegedienst? 

Tipp: Sind Sie unsicher, beim Ausfüllen des Antrags? Wissen Sie beispielsweise nicht, welche möglichen Pflegeleistungen, sowie Kombinationsmöglichkeiten es gibt? Dann lassen Sie sich von Ihrer Pflegekasse oder anderen Beratungsstellen helfen. Diese bieten eine kostenlose Beratung an und auf diese haben Sie Anspruch. 

3. Schritt: Begutachtung des Medizinischen Dienst

Nachdem Ihr Antrag bei der Pflegekasse eingegangen ist, wird der Medizinische Dienst (MD) tätig. Dieser beauftragt einen Gutachter, der den Grad der Pflegebedürftigkeit feststellen soll. Dies gilt für alle Antragsteller, die gesetzlich versichert sind. Bei Privatversicherten wird die Firma MEDICPRROF tätig. Diese wird mit der Prüfung des Antrags betraut. 

Innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung findet der Begutachtungstermin statt. Dieser findet mit einem Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) in Form eines häuslichen Besuchs statt.  

Wichtig: Bereiten Sie sich gut auf diesen Termin vor. In unseren Artikel „Medizinischer Dienst der Pflegekasse kommt: Wie verhalten?” geben wir Ihnen praktische Tipps an die Hand. 

Zusammenfassend die wichtigsten Informationen für Ihren Begutachtungstermin: 

  • Die Hauptpflegeperson sollte anwesend sein. 
  • Ein aktuelles Pflegetagebuch ist eine große Hilfe. 
  • Stellen Sie Ihre Pflegesituation realistisch dar. 
  • Halten Sie Kopien von Dokumenten, wie beispielsweise Diagnosen, Röntgenbilder, etc. Ihrer Ärzte bereit.

Entscheidung über den Antrag

Sie haben den Pflegegrad beantragt? Für die Bearbeitung von Anträgen zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gilt eine gesetzlich vorgeschriebene Bearbeitungsfrist von 25 Arbeitstagen. Innerhalb dieser Zeit sollte ein schriftlicher Bescheid der Pflegekasse vorliegen, ob sie einen Pflegegrad anerkennt oder nicht.  

Nach Fristablauf muss die Pflegekasse für jede begonnene Woche 70 Euro an den Antragsteller zahlen. Ausnahme: Die Pflegekasse hat die Verzögerung nicht selbst zu vertreten. 

Widerspruch einlegen

Die Entscheidung der Pflegekasse über den erreichten Pflegegrad erhalten Sie postalisch. Sofern Sie mit dem Ergebnis nicht einverstanden sind, haben Sie das Recht Widerspruch einzulegen. Das gilt, wenn gar kein Pflegegrad vergeben wurde oder ein bestimmter Pflegegrad abgelehnt wurde. Innerhalb von vier Wochen können Sie Widerspruch gegen die Einstufung einreichen. 

Nach der Einreichung des Widerspruchs erfolgt eine neue Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD). 

Höherstufung 

Im Laufe der Zeit kann sich die gesundheitliche Situation verändern. Dann kann es sinnvoll sein, einen Antrag auf Höherstufung des Pflegegrads zu stellen. 

Bei jeder Begutachtung wird die Situation des Antragstellers neu bewertet. Daher ist eine Rückstufung des aktuellen Pflegegrads grundsätzlich möglich. In der Praxis allerdings eher selten. 

Der Ablauf ist identisch zum Erstantrag. Zunächst müssen Sie einen formlosen Antrag bei Ihrer Pflegekasse stellen. Das Antragsformular, das Ihnen dann zugesendet wird, müssen Sie gewissenhaft ausfüllen und zurückschicken. Tun Sie das am besten per Einschreiben oder per Post. Anschließend steht eventuell ein weiterer Besuch des Gutachters an. Dieser prüft dann die aktuelle Pflegesituation erneut. 

Welche Leistungen können Sie erwarten? 

Der Umfang der Geld- und Sachleistungen, die eine pflegebedürftige Person erhält, werden vom Pflegegrad bestimmt. Grundsätzlich gilt: je höher der Pflegegrad, desto höher sind die Leistungen, die bezogen werden können. 

Fazit 

Wir hoffen, dass unsere Tipps Ihnen helfen einen Pflegegrad rechtzeitig und korrekt zu beantragen. 

Wussten Sie, dass pflegebedürftige Personen, bei denen ein anerkannter Pflegegrad vorliegt, Anspruch auf Pflegehilfsmittel haben? Welche das sind und wie Sie diese beantragen können, lesen Sie in unserem Artikel „Pflegehilfsmittel: Definition, Antrag und Kosten”

Suchergebnisse