Das Thema Inkontinenz ist oft mit Scham verbunden, weshalb offene Gespräche oft schwierig sind. Das ist problematisch, da zahlreiche Menschen betroffen sind und diese mit erheblichen Beeinträchtigungen leben. Oft wird Inkontinenz weder ausreichend beachtet noch behandelt.
Daher möchten wir uns in diesem Artikel mit den verschiedenen Formen von Inkontinenz beschäftigen, sowie deren Ursachen und Symptomen. Außerdem betrachten wir die Themen Behandlung und Prävention von Inkontinenz.
Definition
Inkontinenz oder Blasenschwäche meint den Verlust der Fähigkeit, den Harn oder Stuhl zu kontrollieren. Betroffene scheiden unfreiwillig Urin oder Stuhl aus. Das wiederum kann zu sozialen, emotionalen und hygienischen Problemen führen.
Inkontinenz ist ein weit verbreitetes Problem. Die Ursachen können unterschiedlich sein und reichen von Alter, Schwangerschaft und Geburt, bis hin zu Krankheiten oder Operationen.
Erste Anzeichen & Symptome von Inkontinenz erkennen: Wie fängt Inkontinenz an?
Inkontinenz kann auf verschiedene Weise beginnen und ist oft ein schleichender Prozess, der schrittweise schlimmer werden kann. In einigen Fällen kann Inkontinenz plötzlich auftreten, zum Beispiel als Folge eines Unfalls oder einer Operation, die die Blase oder den Beckenboden beeinträchtigt.
Die Symptome von Inkontinenz können je nach Art und Schweregrad der Erkrankung variieren.
Hier sind einige der häufigsten Symptome, die darauf hinweisen können, dass Inkontinenz beginnt:
- Unkontrollierter Urinverlust: Das ist das offensichtlichste Anzeichen von Inkontinenz, bei dem Urin unkontrolliert aus der Blase entweicht. Dies kann bei körperlicher Anstrengung wie Husten, Niesen oder Lachen auftreten oder sogar ohne erkennbaren Auslöser auftreten.
- Häufiges Wasserlassen: Eine überaktive Blase kann dazu führen, dass man häufiger als normal auf die Toilette gehen muss, manchmal auch in der Nacht.
- Nachtröpfeln: Einige Menschen mit Inkontinenz können nach dem Wasserlassen weiterhin tröpfeln oder auslaufen.
- Harnwegsinfektionen: Menschen mit Inkontinenz können häufiger an Harnwegsinfektionen leider, da der Urin in der Blase verbleibt und Bakterien leichter wachsen können.
Ignorieren Sie diese Anzeichen nicht. Sollten Sie Symptome von Inkontinenz bemerken, wenden Sie sich an eine Ärztin oder einen Arzt. Auf diesem Wege können mögliche Ursachen ermittelt und eine passende Behandlung eingeleitet werden.
Inkontinenzformen
Grundsätzlich wird zwischen Harn- und Stuhlinkontinenz unterschieden, also dem unkontrollierten Verlust von Urin oder Stuhl.
Um die richtige Behandlungsmethode zu wählen, ist es wichtig zu verstehen, welche Form der Inkontinenz vorliegt. Wir stellen Ihnen einige der häufigsten Formen von Inkontinenz vor. Bei den ersten drei Formen, die wir Ihnen vorstellen, handelt es sich um Formen der Harninkontinenz. Es gibt allerdings auch Mischformen von Inkontinenz, die Merkmaler verschiedener Formen aufweisen können.
Belastungsinkontinenz
Diese Form der Inkontinenz tritt auf, wenn Betroffene Urin ungewollt durch körperliche Belastung verlieren, wie beispielsweise beim Heben, Treppensteigen, Husten, Niesen oder Lachen. Dabei verspürt die Person keinen Harndrang. Diese Form wurde früher auch Stressinkontinenz genannt.
Aufgrund ihrer Anatomie leider Frauen deutlich öfter an dieser Form der Inkontinenz.
Dranginkontinenz
Trotz gering gefüllter Blase verspürt die betroffene Person einen überfallartigen und unkontrollierbaren Harndrang. Da dieser plötzlich kommt, schafft es die Person nicht mehr rechtzeitig zur Toilette und lässt ungewollt Urin ab. Das kann sehr häufig, teilweise mehrmals pro Stunde, auftreten.
Überlaufinkontinenz
Eine weitere Form von Inkontinenz ist die Überlaufinkontinenz. Betroffene können ihre volle Blase nicht vollständig entleeren. Obwohl die Person häufig urinieren muss, wird jedes Mal nur eine kleine Menge Harn ausgeschieden und der Großteil des Urins verbleibt in der Blase (Restharn). Urin tritt dann unkontrolliert in kleinen Mengen aus, was als Harnträufeln bezeichnet wird.
Stuhlinkontinenz
Die oben genannten Formen der Kontinenz fallen alle unter Harninkontinenz, umgangssprachlich auch "Blasenschwäche" genannt.
Daneben gibt es allerdings noch die Form der Stuhlinkontinenz, oder auch Darminkontinenz. Diese Form ist seltener. Gemeint ist der unwillkürliche Verlust von Stuhl oder das Unvermögen, Darminhalt zu kontrollieren.
Ursachen: Was ist der Grund für Inkontinenz?
Die Ursachen von Inkontinenz können vielfältig sein. Um die Ursache zu identifizieren und eine geeignete Behandlung zu wählen, können medizinische Untersuchen notwendig sein.
Hier sind einige der häufigsten Ursachen von Inkontinenz:
Krankheiten der Organe und Nerven als Ursache
Beschwerden oder Krankheiten im unteren Urogenitaltrakt können häufig zu Harninkontinenz führen. Der Urogenitaltrakt umfasst die Harnorgane sowie die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane. Mögliche Erkrankungen der Organe für die Urinausscheidung umfassen Harnwegsentzündungen, Blasensteine oder Verengungen der Harnröhre.
Bei Männern ist eine vergrößerte Prostata häufig die Ursache für Dranginkontinenz, bei der die Blase überaktiv ist. Eine Inkontinenz kann auch auftreten, wenn Nervenimpulse zu schwach sind. In diesem Fall können Betroffene den Harn- oder Stuhldrang nicht mehr kontrollieren. Dies tritt häufig bei Multipler Sklerose, nach einem Schlaganfall, bei Diabetes mellitus, Parkinson oder infolge einer Querschnittslähmung auf - angeboren oder nach einem Unfall. Eine Stuhlinkontinenz kann jedoch auch durch starkes Übergewicht und Darmprobleme wie chronische Verstopfung, Reizdarm-Syndrom oder Durchfall verursacht werden.
Medikamente
Bestimmte Medikamente wie Diuretika, Antidepressiva und Antipsychotika können dazu führen, dass die Blasenmuskulatur geschwächt wird und Inkontinenz verursachen.
Folgende Medikamente können Inkontinenz als ungewollte Nebenwirkung haben:
- Diuretika: Diese Medikamente kommen bei Bluthochdruck, Herzinsuffizienz (Herzschwäche) und Wassereinlagerungen zum Einsatz. Sie können jede Form der Inkontinenz erzeugen, denn sie fördern die Flüssigkeitsausscheidung.
- ACE-Hemmer: Auch diese Art der Medikamente werden bei Herzinsuffizienz eingesetzt. Sie können die Ursache für Belastungsinkontinenz sein.
- Betarezeptblocker: Sie werden in der Regel bei Bluthochdruck eingesetzt. Durch eine erhöhte Reizung der Blase erhöhen sie das Risiko für Dranginkontinenz.
- Cholinesterase-Hemmer: Auch dieses Medikament, das bei Demenz verabreicht wird, reizt die Blase und erhöht das Risiko einer Dranginkontinenz.
Inkontinenz im Alter
Mit zunehmendem Alter nimmt die Muskelmasse im Beckenbereich ab, was dazu führen kann, dass die Blasenkontrolle abnimmt. Dies wiederum kann dazu führen, dass ältere Menschen an Inkontinenz leiden, insbesondere Frauen nach der Menopause und Männer mit vergrößerter Prostata.
Mit zunehmendem Alter verliert unser Gewebe an Elastizität. Dadurch senkt sich der Beckenboden ab und die natürlichen Öffnungen, wie Harnröhre, Vagina und After, werden gedehnt. Dies kann die Verschlussmechanismen von Blase und Darm beeinträchtigen, wodurch Betroffene an Harn- oder Stuhlinkontinenz leiden können.
Im Alter wird Inkontinenz jedoch weniger als Symptom einer Erkrankung betrachtet, die direkt den Urogenitaltrakt betrifft, wie zum Beispiel Nieren- oder Blasensteine. Vielmehr wird die Inkontinenz als Syndrom betrachtet, das mit dem Älterwerden einhergeht und durch verschiedene Faktoren verursacht werden kann. Altersbedingte Mobilitätseinschränkungen, die Einnahme mehrerer Medikamente gleichzeitig oder kognitive Störungen können beispielsweise eine Inkontinenz auslösen. Aus diesem Grund können sich die Behandlungsmethoden für ältere Inkontinenz-Patienten von denen für jüngere Betroffene unterscheiden.
Schwangerschaft und Geburt
Bei Frauen kann Inkontinenz während der Schwangerschaft oder nach der Geburt auftreten. Grund ist zum einen der Druck der wachsenden Gebärmutter auf die Blase. Außerdem können Veränderungen im Beckenbereich dazu führen, dass die Blasenmuskulatur geschwächt wird. Dies kann dazu führen, dass Frauen Urin unfreiwillig ausscheiden.
Während der Geburt kann der Schließmuskel verletzt werden, sodass dieser nicht mehr einwandfrei funktioniert. Das kann eine Stuhlinkontinenz bei Frauen auslösen.
Operationen
Operationen im Beckenbereich, wie z.B. eine Prostataoperation oder Hysterektomie, können die Muskeln und Nerven im Bereich der Blase und des Darms schädigen und Inkontinenz verursachen.
Folgen von Inkontinenz
Inkontinenz kann eine Reihe von körperlichen, psychischen und sozialen Folgen haben. Zu den körperlichen Folgen gehören beispielsweise Hautirritationen oder Infektionen im Bereich der Geschlechtsorgane und Harnwege. In schweren Fällen kann es auch zu einer Blasen- oder Darmüberdehnung oder zu einem Blasen- oder Darmvorfall kommen.
Neben den körperlichen Folgen kann Inkontinenz auch zu psychischen Belastungen wie Scham, Angst, Depressionen und sozialer Isolation führen. Betroffene fühlen sich in vielen Situationen unsicher und ihre Lebensqualität kann deutlich beeinträchtigt sein. Zudem kann Inkontinenz dazu führen, dass Betroffene Aktivitäten und soziale Kontakte einschränken, um peinliche Situationen zu vermeiden.
Insgesamt kann Inkontinenz also erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität und das Wohlbefinden von Betroffenen haben. Eine gezielte Behandlung und Beratung können dazu beitragen, die Folgen von Inkontinenz zu minimieren und Betroffenen ein möglichst normales Leben zu ermöglichen.
Behandlung: Was kann man gegen Inkontinenz tun?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Inkontinenz zu behandeln. Die Art der Behandlung hängt von der Ursache, Form und Schwere der Inkontinenz ab. Auf Basis dessen muss ein individueller Behandlungsplan aufgestellt werden. Je früher die Inkontinenz behandelt wird, desto höher sind die Erfolgsaussichten.
Hier sind einige der gängigen Behandlungsoptionen:
Verhaltenstherapie
Die Verhaltenstherapie bei Inkontinenz beinhaltet Maßnahmen, die von den Betroffenen selbst gesteuert werden können. Ziel ist es, die Kontrolle über Blase und Darm zu verbessern. Ein gesunder Lebensstil und ausgewogene Ernährung können sich positiv auf eine gesunde Blasen- und Darmfunktion auswirken. Infolgedessen setzt die Verhaltenstherapie bei Inkontinenz an den individuellen Gewohnheiten an. Betroffene sollten auf folgende Punkte achten:
- Über den Tag verteilt ausreichend Wasser trinken.
- Vermeidung von alkoholischen, kohlensäurehaltigen und koffeinhaltigen Getränken.
- Vermeidung von Nikotin.
- Regelmäßige Bewegung durch Einbau von 30-minütigen Spaziergängen fünfmal pro Woche oder andere körperliche Aktivitäten.
- Training der Blase durch die Anwendung von spezifischen Übungen.
- Zusätzlich können Achtsamkeitsübungen helfen, ein besseres Gefühl für den Harndrang zu entwickeln und die Kontrolle über Blase und Darm zu verbessern.
Blasentraining
Wussten Sie, dass Ihr eigenes Verhalten eine Harninkontinenz auslösen kann? Eine zu häufige oder zu seltene Toilettenbenutzung kann negative Auswirkungen auf die Blasenfunktion haben. Die goldene Mitte ist hierbei der gesündere Weg.
Wenn Sie zu oft zur Toilette gehen, kann Ihre Blase sich an kleinere Urinmengen gewöhnen und somit nicht mehr in der Lage sein, größere Mengen zu halten. Wenn Sie andererseits zu selten zur Toilette gehen, kann dies dazu führen, dass die Blasenmuskulatur ständig überdehnt wird.
Blasentraining beinhaltet die Planung und den Zeitplan für die Toilettengänge, um die Blasenkapazität zu erhöhen und die Kontrolle zu verbessern. Hier kann ein Ausscheidungsplan helfen: Trinken Sie ausreichend Wasser und gehen Sie alle zwei bis drei Stunden auf die Toilette.
Beckenbodentraining
Besonders das Training der Beckenbodenmuskulatur hat sich als äußerst effektiv bei der Verbesserung oder Heilung von Inkontinenz erwiesen. Das liegt daran, dass die Beckenbodenmuskulatur eine entscheidende Rolle für eine einwandfreie Blasen- und Darmfunktion spielt. Geeignete Übungen helfen Betroffenen, ihre Beckenbodenmuskulatur zu spüren und langfristig zu stärken.
Im Interne finden Sie zahlreiche Übungen zu kostenlosen Beckenbodenübungen.
Medikamente
Es gibt verschiedene Arten von Medikamenten, die zur Behandlung von Inkontinenz eingesetzt werden können. Im Allgemeinen kann Desmopressin verwendet werden, um alle Formen der Harninkontinenz medikamentös zu behandeln. Dieses Medikament reduziert übermäßigen Durst, Harndrang und häufiges Wasserlassen und ist sowohl als Tablette als auch als Nasenspray erhältlich.
Für die Behandlung von Dranginkontinenz können Anticholinergika wirksam sein, um Blasenfunktionsstörungen zu reduzieren. Dieses Medikament sollte jedoch bei älteren Patienten mit Vorsicht eingesetzt werden, da einige der Wirkstoffe die Wahrnehmung beeinträchtigen und das Sturzrisiko erhöhen können.
Duloxetin wird vorrangig zur medikamentösen Behandlung der Belastungsinkontinenz eingesetzt und gilt als erstes speziell gegen diese Art der Inkontinenz wirkendes Medikament. Es soll die Funktion des Harnröhren-Schließmuskels stärken.
Wenn eine Stuhlinkontinenz vorliegt, können Ärzte Medikamente verschreiben, die den Wirkstoff Loperamid enthalten. Dieser Arzneistoff drosselt die Bewegung der Darmmuskulatur und verdickt den Stuhl, wodurch sich die Kontinenz verbessern kann.
Operation
Operative Eingriffe können in manchen Fällen, insbesondere bei schwerwiegenden Auswirkungen der Inkontinenz, sinnvoll sein. Eine Option ist dabei die Verwendung eines künstlichen Schließmuskels, der aus einer Verschlussmanschette, einer Pumpe und einem Reservoir besteht, in dem Flüssigkeit gespeichert wird. Die Manschette wird in kreisförmiger Weise um den Enddarm (bei Stuhlinkontinenz) oder um die Harnröhre (bei Harninkontinenz) gelegt.
Prophylaxe
Unkontrollierten Stuhl- oder Harnverlust entgegenzuwirken, ist Ziel der Inkontinenzprophylaxe. Beckenbodentraining ist eine geeignete Maßnahme. Darüber hinaus können Blasentraining und Entspannungsübungen weitere Maßnahmen sein, um Inkontinenz vorzubeugen.
Fazit
Inkontinenz ist ein häufig auftretendes Problem, das oft nicht ausreichend beachtet oder behandelt wird. Es kann zu erheblichen Einschränkungen im Leben von Betroffenen führen. Negative Auswirkungen auf deren Selbstbewusstsein und Lebensqualität sind ebenfalls Folgen.
Hoffnung bieten die vielen unterschiedlichen Behandlungsmethoden. Diese können von einfachen Verhaltensänderungen über physikalische Therapie bis hin zu medizinischen Eingriffen reichen.
Auch wenn es unangenehm sein kann über das Thema Inkontinenz zu sprechen, ist es wichtig darüber zu reden und sich ärztlich betreuen zu lassen. Die richtige Behandlung verspricht Linderung von Symptomen und eine Verbesserung der Lebensqualität.
Lassen Sie uns das Stigma um Inkontinenz brechen und uns offen über dieses wichtige Thema sprechen, um Betroffene zu unterstützen und zu informieren.